Mittwoch, 16. Juni 2010

Stellungnahme des Betriebsrats und des Redaktionsausschusses

Die ProSiebenSat.1 Media AG halbiert das Budget für die Nachrichtenproduktion

Der N24-Betriebsrat und der N24-Redaktionsausschuss sind schockiert, dass die ProSiebenSat.1 Media AG, als größte deutsche Privatsendergruppe, künftig nur noch die Hälfte des ursprünglichen Budgets in Nachrichten investiert.

Diese drastische Kürzung hat einen massiven Stellenabbau beim Nachrichtendienstleister N24 zur Folge.
In Verhandlungen mit der Geschäftsführung wird der N24-Betriebsrat darauf drängen, betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Die journalistische Qualität der Nachrichtenberichterstattung bei N24 und den Sendern SAT.1, ProSieben und Kabel1 muss erhalten bleiben.

Wir begrüßen, dass die N24 Media GmbH aufgrund der öffentlichen Diskussionen und des politischen Drucks mit einem deutlich längerfristigen Dienstleistungsvertrag für die Nachrichtenproduktion der Sendergruppe ausgestattet wurde als geplant.
Betriebsrat und Redaktionsausschuss fordern die Neueigentümer auf, die Mitarbeiter schnell und umfassend über die Perspektive von N24 unter den neuen Bedingungen zu informieren.

Journalistenverband und Landesmedienanstalten sind besorgt

Deutscher Journalisten-Verband:
"Der Deutsche Journalisten-Verband hat die künftigen Eigentümer des Privatsenders N24 dazu aufgefordert, den Erhalt des Senders im bisherigen Umfang und die Arbeitsplätze bei N24 bis Ende 2015 zu garantieren. (...) „Damit N24 unter den neuen Eigentümern eine Zukunft als unabhängiger Privatsender hat, darf die Sollstärke der Redaktion nicht herabgesetzt werden“, mahnte DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. „Es muss Schluss sein mit der permanenten Sparpolitik auf Kosten von Beschäftigten und journalistischer Qualität.“ Er forderte deshalb das künftige Management zu Verhandlungen über einen Sozialtarifvertrag auf. Dabei müsse klar sein, dass geltende Niveaus nicht unterschritten werden dürften."

Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten:
"Vor dem Hintergrund der Entscheidung der ProSiebenSat.1 Media AG zur Zukunft von N24 stellen die Direktoren der Landesmedienanstalten klar, dass nur qualifizierte, professionelle Mitarbeiter in den Nachrichtenredaktionen dafür sorgen können, dass die Veranstalter ihrer publizistischen Verpflichtung im dualen System nachkommen.
"N24 verfügt über erfahrene Journalisten. Angesichts der angekündigten erheblichen Budgetkürzung und des Arbeitsplatzabbaus bei N24 sind berechtigte Zweifel angebracht, ob damit noch qualifizierte Nachrichten bei der Sendergruppe gewährleistet werden können. Das würde sich unmittelbar auf die Informationsqualität im dualen System auswirken“, erklärt der DLM-Vorsitzende Thomas Langheinrich."

ProSiebenSat.1 verkauft N24 an Konsortium um Aust und Rossmann

Die wichtigsten Fakten:

  • Konsortium um Aust und Rossmann übernehmen N24 und maz&mor

  • Produktionszusagen: Nachrichten (S1, P7, K1) bis 2016 und 2014 (FFS und Magazin)

  • Drittel der Stellen wird abgebaut

  • Politische Berichterstattung soll ausgebaut werden

  • Limbourg wird 'Senior Vice President Nachrichten' bei P7S1


Die gesamte Pressemitteilung:
"Heute wurde in München der Kaufvertrag zwischen der ProSiebenSat.1 Media AG und der neu gegründeten N24 Media GmbH über den Erwerb des Nachrichtensenders N24 und der Produktionsgesellschaft MAZ&MORE unterzeichnet. Mit Vollzug der Transaktion übernehmen das N24-Management um Dr. Torsten Rossmann, Stefan Aust und Thorsten Pollfuß alle Anteile an beiden Firmen. Damit entsteht der größte unabhängige TV-Informations-Produzent Deutschlands mit Sitz in Berlin.

Neben dem Kaufvertrag wurde ein bis Ende 2016 laufender Vertrag für die Zulieferung sämtlicher Nachrichtenformate der Sender SAT.1, ProSieben und kabel eins unterzeichnet. Auch das SAT.1-Frühstücksfernsehen und das SAT.1-Magazin werden bis mindestens Mitte 2014 von dem neuen Unternehmen erstellt.

Neuer unabhängiger Informationsdienstleister in Berlin
Thomas Ebeling, Vorstandsvorsitzender der ProSiebenSat.1 Media AG: Das N24-Management-Team, Stefan Aust und Thorsten Pollfuß haben uns mit ihrem Konzept überzeugt. Durch langjährige Verträge bietet ProSiebenSat.1 ihnen die notwendige Stabilität, damit N24 Media sich in Berlin als neuer unabhängiger Informations-Dienstleister etablieren kann. Gleichzeitig sichert die Vertragsvereinbarung langfristig die Versorgung unserer Sender-Gruppe mit qualitativ hochwertigen Nachrichtenformaten. Mit diesem Modell haben wir eine publizistisch und wirtschaftlich solide Basis für unsere Nachrichten gefunden. Diese Lösung ist für unsere Sender, für unsere Zuschauer und die Mitarbeiter von N24 ein sehr gutes Ergebnis.

Qualitativ hochwertige Nachrichtenversorgung langfristig gesichert
Am Umfang der Nachrichtenangebote bei den Sendern der ProSiebenSat.1 Group wird sich durch den Verkauf nichts ändern. Ebeling dazu: Die Zusammenarbeit mit einer starken N24 Media ist für uns der beste Weg, um das Informationsprofil unserer Sender weiter zu schärfen. Das Team um Torsten Rossmann und Stefan Aust steht für erstklassige Nachrichten. Gerade in der politischen Berichterstattung wollen wir gemeinsam neue Wege gehen. Inhaltlich sehe ich in der Gründung von N24 Media einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Anbietervielfalt im Nachrichtengeschäft.

Peter Limbourg wechselt im Rahmen des Management-Buy-Outs als Senior Vice President Nachrichten & Politische Information zu ProSiebenSat.1. Neben seiner neuen Rolle im Konzern moderiert er weiterhin die SAT.1-Hauptnachrichten.

Andreas Bartl, Vorstand German Free TV der ProSiebenSat.1 Media AG: Peter Limbourg ist ein Top-Nachrichtenmann, wie es in Deutschland nur wenige gibt. Ich freue mich, dass er sich nun direkt bei ProSiebenSat.1 um die Stärkung der politischen Informationsformate auf unseren Sendern kümmern wird.

Konzept mit Zukunftsperspektive
Im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von N24 aus dem Konzernverbund entstehen für die ProSiebenSat.1 Group Kosten in Höhe von bis zu 41 Mio Euro. Daneben fallen Abschreibungen auf Anlagegüter in Höhe von voraussichtlich bis zu 12 Mio Euro an. Diese Effekte werden als Einmalaufwendungen in der Gewinn- und Verlustrechnung für das zweite Quartal 2010 erfasst. Insgesamt rechnet die ProSiebenSat.1 Group in Zusammenhang mit der Transaktion jedoch mit einer Verbesserung des bereinigten EBITDA ab 2011 in einer jährlichen Größenordnung von mehr als 25 Mio Euro. Nach Vollzug der Transaktion wird sich der Verkauf entsprechend zeitanteilig bereits 2010 positiv auf das recurring EBITDA des ProSiebenSat.1-Konzerns auswirken.

Thomas Ebeling: Dem Management ist es gelungen, ein Konzept vorzulegen, das die Effizienz deutlich steigert, sehr vielen Mitarbeitern eine Zukunftsperspektive und dem neuen Unternehmen eine echte Chance bietet. Ich danke insbesondere Torsten Rossmann und allen Mitarbeitern für ihr Engagement und wünsche N24 Media viel Erfolg.

Montag, 7. Juni 2010

Bündnis 90/Die Grünen unterstützt N24-Mitarbeiter

Tabea Rößner, Sprecherin für Medienpolitik - Bündnis 90/Die Grünen:

"Die privaten Rundfunksender haben eine gesellschaftliche Verantwortung, die über reines Profitstreben hinausgeht. Rundfunk ist keine Ware wie jede andere, sondern dient der Willens- und Meinungsbildung.

Im Rundfunkstaatsvertrag ist bereits festgehalten, dass Vollprogramme wie z. B. RTL oder Sat.1 Nachrichten senden müssen. Wir halten diese Regelung für richtig und wichtig, um jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer mit Informationen zu erreichen. Die Sender müssen dieser Verantwortung tatsächlich gerecht werden.

Ich unterstütze ihre Forderung nach einem präzisen Regeln im Rundfunkstatsvertrag, die Umfang und Qualität von Nachrichten garantieren. Zwar soll und darf die Politik dem Rundfunk keine Inhalte vorschreiben, aber sie muss einen Rahmen festlegen, der den Zuschauerinnen und Zuschauern im Ergebnis ein gutes Programm liefert. Wenn Nachrichten nur aus Promi-News bestehen, ist der Beitrag zur Meinungs- und Willensbildung rudimentär. Deutliche und anspruchsvollere
Rahmenbedingungen sind deshalb sinnvoll. Weil dadurch alle Vollprogramme den gleichen "Wettbewerbsbedingungen" unterliegen, ist es für Rundfunkunternehmen wirtschaftlich vertretbar.

Eine offene Diskussion über ein Anreizsystem für qualitativ hochwertigere Nachrichten unterstütze ich und möchte sie in meiner Position als medienpolitische Sprecherin gerne vorantreiben. Ich beispielsweise Preise oder vergütete Auszeichnungen für eine besonders gute Recherche oder ähnliche Instrumente für sinnvoll. Ein Anreizsystem kann meiner Meinung nach jedoch nicht bedeuten, dass private Rundfunksender Steuererleichterungen bekommen, wenn sie Nachrichten auf einem Niveau anbieten, zu dem sie durch den Rundfunkstaatsvertrag ohnehin verpflichtet sind. Ich habe mich im Frühjahr mit den Redakteuren des Senders N24 getroffen. Ihre Forderung nach einem quantitativen wie qualitativen Mindestumfang von Nachrichten sind nachvollziehbar: Wollen wir gerade jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer mit Nachrichten erreichen, dann spielen die privaten Sender eine wichtige Rolle."

Freitag, 4. Juni 2010

Offener Brief der N24-Mitarbeiter an die Bundeskanzlerin

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

wir möchten Sie bitten, Ihren Einfluss zu nutzen, um einen unmittelbar bevorstehenden Kahlschlag im Informationsbereich der ProSiebenSat.1 Media AG zu verhindern.

Die breite Diskussion über die gesellschaftliche Bedeutung und die gesetzliche Verpflichtung der großen privaten TV-Anbieter, in ihren Vollprogrammen umfassende und seriöse Nachrichten zu veranstalten, haben den Konzern und seine Eigner entgegen anderslautender Versprechen in keiner Weise beeindruckt.

In persönlichen Gesprächen mit Ministerpräsidenten, Medienreferenten und auch in öffentlichen Diskussionen hat CEO Thomas Ebeling versichert, auch zukünftig die Verantwortung als Programmveranstalter ernst zu nehmen und in den Vollprogrammen gemäß des Rundfunkstaatsvertrages weiterhin seriöse Nachrichten anzubieten.

Diese Zusagen waren Makulatur und sind hinfällig.

Die ProSiebenSat.1 Media AG plant in den nächsten Wochen, die Ausgaben für die Nachrichtenprogramme SAT.1, ProSieben und Kabel 1 radikal zu kürzen und einen erheblichen Teil der Journalisten ihres Nachrichtendienstleisters N24 zu entlassen, oder den Sender, ausgestattet mit einem für Deutschland einmaligen Minimalbudget, an Dritte abzugeben.

In jedem Fall wird damit der seriösen Berichterstattung in der größten privaten deutschen TV-Gruppe der Boden entzogen.

Massenentlassungen in der Zentral- und insbesondere der Parlamentsredaktion haben zur Folge, dass die politische Berichterstattung in den Vollprogrammen SAT.1,
ProSieben und Kabel 1 quasi eingestellt wird, ebenso eine seriöse Informationsvermittlung beim erfolgreichen Nachrichtensender N24.

Wir bitten Sie, dem Vorstand und insbesondere den Eignern KKR und Permira in aller Eindringlichkeit deutlich zu machen, dass der Konzern seiner gesellschaftlichen und rundfunkstaatsvertraglichen Verantwortung gerecht wird und von seinen Kahlschlagplänen Abstand nimmt.

Wir möchten darauf hinweisen, dass die Nachrichtensendungen der Fernsehgruppe vor allem bei jungen Zuschauern äußerst gefragt sind und N24 der erfolgreichste Nachrichtensender in Deutschland ist.

Die geplanten Kürzungen, die einen Abschied der Fernsehgruppe von täglicher politischer Informationsvermittlung bedeuten, sind gerade in einer für Europa und Deutschland schwierigen und erklärungsbedürftigen Zeit inakzeptabel.

Eine Entscheidung der Konzernführung steht schon in den nächsten Wochen an.

Bitte unterstützen Sie unseren Kampf um den Erhalt der Nachrichten in Deutschlands größtem privaten TV-Konzern!

Mit freundlichen Grüßen

N24-Betriebsrat N24- Redaktionsausschuss